Drei Punkte
Du bist mir aufgefallen. Es war deine Art, wie du am Geländer des Kanals entlang geschritten bist. Ein Arm von dir war hinter dem Geländer. Als ich dich dort beobachtete, sah es für eine halbe Sekunde lang so aus, als hättest du dir das Geländer unter den Arm geklemmt, um mit ihm spazieren zu gehen.
Du hattest eine graue, gepolsterte Jacke an. Etwas in deinen Bewegungen löste aus, dass ich dich sofort mochte. Die Bewegungen wirkten leicht verspielt und machten mich neugierig. So neugierig, dass ich kurz stehenblieb. Etwa drei Meter oder fünf Meter von dir entfernt, suchte ich deinen Blick. Tatsächlich bin ich nicht die Beste, wenn es darum geht, fremde Menschen anzusprechen. Aber ich bin ganz gut im Grinsen. Falls das eine Kategorie ist, die sich bewerten lässt. Ich hätte gerne gefragt, was du da tust. Du standst in der Nähe von dem Ort, an dem ich das Foto „Vordach“ zum Thema Pfützen gemacht habe. Es war das gleiche Geländer, nur ein Stück weiter. Aber was hätte ich dir sagen können? „Hallo – was machen Sie da?“ Das klingt, als ob ich das Bedürfnis hätte, gleich die Polizei zu rufen. Als hättest du eine Straftat begangen. Und, obwohl du älter warst als ich, wäre ich mir bekloppt vorgekommen, hätte ich dich gesiezt. So blieb ich beim Grinsen und wartete auf ein Zeichen. Du hast aber nicht einmal in meine Richtung geschaut. Doch gerade als ich mich wieder entfernte, fiel mir etwas auf. Ich sah den Aufnäher an deiner Jacke. Ein gelber Aufnäher mit drei schwarzen Punkten darauf. Du hättest mein Grinsen gar nicht sehen können und meine Schüchternheit hat eine Begegnung verhindert.
(Diese Textform nenne ich Ich & Du-Texte. Eine Erklärung dieser Textform findest du unten auf der Seite unter diesem Link.)